Die russische Erinnerungskultur wird oft als zerrissen und fragmentiert beschrieben und gleichzeitig die geschichtspolitische Allmacht des Staates beklagt. Aber besitzt der Kreml wirklich die alleinige Deutungshoheit und w???re eine einheitlichere Geschichtskultur - gerade unter diesen Vorzeichen - ???berhaupt erstrebenswert? Was wird eigentlich genau untersucht, wenn sich die Wissenschaft der heutigen Erinnerung an die Verbrechen des Stalinismus zuwendet? Und l???sst sich eigentlich rechtfertigen, dabei von einem deutschen ...
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Die russische Erinnerungskultur wird oft als zerrissen und fragmentiert beschrieben und gleichzeitig die geschichtspolitische Allmacht des Staates beklagt. Aber besitzt der Kreml wirklich die alleinige Deutungshoheit und w???re eine einheitlichere Geschichtskultur - gerade unter diesen Vorzeichen - ???berhaupt erstrebenswert? Was wird eigentlich genau untersucht, wenn sich die Wissenschaft der heutigen Erinnerung an die Verbrechen des Stalinismus zuwendet? Und l???sst sich eigentlich rechtfertigen, dabei von einem deutschen 'Muster' der Aufarbeitung auszugehen? Der vorliegende Band stellt sich diesen Fragen und nimmt einen doppelten Perspektivwechsel vor: Zum einen steht explizit nicht die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg im Vordergrund, sondern das Ged???chtnis an die sowjetischen Massenverbrechen, insbesondere an den Gulag. Zum anderen beleuchten die Beitr???ge eine Vielzahl von Akteuren, die an verschiedenen Orten in zuweilen wechselnden Kombinationen ganz unterschiedliche Deutungen der stalinistischen Verbrechen vornehmen. Unter anderem werden die juristischen, ???konomischen und sozialen Bedingungen von Erinnerungsarbeit in ihrer jeweiligen und ortsgebundenen Spezifik beleuchtet, die Rolle der postsowjetischen russischen Historiographie kritisch befragt und neben den gro???en geschichtspolitischen Akteuren wie Staat und Kirche auch engagierte Einzelpersonen gew???rdigt. So entsteht ein weitaus vielf???ltigeres und interessanteres Panorama, das der vielfach verbreiteten Legende einer geschichtspolitischen Diktatur des Kreml einen notwendigen Kontrapunkt hinzuf???gt.
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